DozentSein: Ungeduld Lernender am Patienten - ein Thema, was mir ab und zu bei der Betreuung Lernender während der praktischen Ausbildung auffällt, egal welcher Ausbildungsstand.
Letztens musste ich die Kommunikationskompetenz einer meiner Lernenden als maximal ausreichend, eher ungenügend bewerten. Er behandelte einen älteren (>80 Jahre alten) Herrn vor und forderte ihn durch Aufbau eines Parcours und Verwendung einer und dann zwei Step-Stufen, wie sie nicht nur beim "Step" im Fitnessstudio zu finden ist sondern auch bei vielen Physios.
Sowohl der Parcours als auch die Stabilität und das Gleichgewicht beim Step-Üben war wohl nicht zur Zufriedenheit des 19jährigen Lernenden. Was dazu führte, dass der junge Mann Dinge sagte wie "Das war jetzt aber nix! Na, also das können sie bestimmt besser!" oder "Nein-nein! So doch nicht!" und allerlei anderer Äußerungen, die jetzt gelesen vielleicht nicht schlimm klingen mögen, aber mit dem Tonfall entsprechend scharf waren (ein Glück war der Patient schon recht schwerhörig).
Anscheinend bekam der Lernende zudem schon des öfteren Rückmeldung, dass er den Befehlston bitte abstellen solle. Trotzdem nutzte er ihn weiter...
Die Frage ist doch: Warum wird sein Tonfall und seine Wortwahl am Patienten bei suboptimaler Ausführung der von ihm angeleiteter Übungen so scharf?
Ich glaube folgendes:
Ein gewisser Typ Lernender empfindet in dem Moment Ungeduld: Die "tollen" Ideen funktionieren mit dem Patienten doch nicht so... Was nun? Vorallem, wenn Lehrende oder Anleiter zuschauen und es ja auf den Lernenden zurückfallen könnte und in der Bewertung missinterpretiert werden könnte.
Oder es liegt daran: Das Tempo des Patienten entspricht nicht dem eigenen - die Übungen sind doch gar nicht so schwer für den Patienten, wieso geht das denn nicht?!
Vielleicht aber auch mangelnde Flexibilität - es fehlt an kurzfristigen Alternativen in der Therapiesituation, wenn es Alternativen bedarf (manchmal reicht eine andere Wortwahl bei der Anleitung!).
Bei meinem Lernenden war es die Intention, "Sport" mit dem Patienten machen zu wollen, das Tempo im Alltag des Patienten beschleunigen zu wollen (aber ist das überhaupt das Problem des Patienten oder ist der recht happy mit seinem Tempo und vorallem, dass er überhaupt noch selbstständig leben kann??!!) und die Zielorientiertheit der eigenen Physio-Rolle ausüben zu können.
Fazit für das Nachgespräch zur Vorbehandlung war: Meine Beobachtung nennen, die eigene Vermutung äußern, abklären, ob ich als Lehrende richtig liege und in diesem Fall auffordern, an der eigenen Geduld zu arbeiten.
Um jedoch an etwas zu arbeiten, muss man die Bedürfnisse dahinter verstehen. Was könnte das Bedürfnis hinter gelebter Ungeduld aber sein?? Weißt Du es?
Genau! Nämlich Stress, Angst oder Ärger.
Und jetzt wird es interessant - denn: Wie fördere ich Lernende, sich darüber bewusst zu werden und daran zu arbeiten?!
Wie Du das machen wirst, weiß ich nicht. Aber ich weiß, dass Methoden der Reflexion, der Bedürfnisklärung und der (vom Lernenden selbst zu setzenden) Zielformulierung mit konkreten Anregungen zur Umsetzung recht gut funktionieren.