DozentSein: Was ist wichtig für eine gut gestaltete Abschlussarbeit? Aus Sicht einer Dozentin für Medizinalfachberufe, die seit vielen Jahren Arbeiten betreut, sowie Korrekturen und Begutachtungen durchführt? Hier meine Tipps zur Erstellung einer Abschlussarbeit für Anwärter auf einen akademischen Grad im Medizinalfachberuf:
Grundsätzliches
Jede Hochschule hat ja ihre eigenen Vorgaben. Es ist also wichtig, den jeweiligen Prüfungsleitfaden zu kennen. Die Dozenten haben ebenfalls ihre eigenen Vorstellungen. Auch hier ist es hilfreich, diese explizit zu erfragen.
Titelsuche
Schon mit der Titelsuche einer Abschlussarbeit fängt es an. Begriffe des Titels müssen zwar nicht immer definiert werden (wobei es hilfreich ist, zu wissen, was wirklich mit dem Titel gemeint ist - und was vielleicht nicht) - es macht aber Sinn, hier einen Mix aus Globalität und Spezifität zu finden. Denn: Während des Prozesses der Erstellung einer wissenschaftlichen Arbeit können sich Dinge ändern. Vielleicht gibt die Studienlage doch nicht so viel her. Oder die Befragung, das Experiment läuft nicht so wie erhofft.
Hier flexibel zu bleiben hilft, trotz Änderungen von Bedingungen Themengegenstände einer Abschlussarbeiten variieren zu können. Immer wieder kommt es zu Anträgen von Titeländerungen - das birgt Stresspotenzial und formellen Aufwand. Ärgerlich auch, wenn ein Titel nicht das hält, was er verspricht! Es ist eben doch nur ein beschränkter Aspekt eines Untersuchungsgegenstandes und nicht die komplette statistische Erhebung...oder die Literaturrecherche gibt nicht alle Aspekte her, die ursprünglich angenommen wurden (vorallem nicht kostenfrei...).
Ein hilfreicher Tipp zur Titelsuche: Erstelle eine Mndmap mit den relevanten Aspekten, die Du in der Arbeit beleuchten möchtest. Finde Begriffe, die Deine Arbeit ausmachen. Und dann baue daraus den Titel. Vielleicht auch mit Untertitel, um die Methodik oder den Bereich einzugrenzen.
Gut ist immer, eigene Ideen für Abschlussarbeiten zu haben anstatt sich Themen zuteilen zu lassen. Denn so bist Du motiviert und das Thema ist wirklich "Deins".
Verzeichnisse
Deine Verzeichnisse sollten nachvollziehbar sein und mit römischen Zahlen beziffert. Ob eine Eidesstattliche Erklärung nun an den Anfang oder an den Schluß gehört, mag je nach Vorgaben unterschiedlich sein - aber es macht immer Sinn, z.B. ein Inhaltsverzeichnis auf eine ausgewogene Struktur von Unterkapiteln hin zu überprüfen.
Literaturverzeichnisse fallen unterschiedlich lang aus - doch es macht Sinn, immer zunächst den Autor/Herausgeber (auch bei Internetquellen) zu nennen, damit die Literatur zu finden ist. Ob die Literatur nach Art gelistet wird (Bücher, Zeitschriften, Internetquellen,...) oder einfach nach Alphabet - ist wohl eher Geschmacksache. Aber ausgewogen sollte die Mischung in jedem Falle sein. Achtung vor Sekundärquellen - besser, man schaut die Quelle selbst nochmal an, die in einer Dissertation, Masterarbeit oder Ausarbeitung genannt wurde, die man gerne zitieren möchte...
Oft muss seitens der Gutachter beurteilt werden, ob die Relevanz und Aktualität der Literatur gegeben ist. Es lohnt sich also, bei Büchern älterer Ausgaben zu schauen, ob es nicht inzwischen eine neuere Auflage gibt. Literatur, die älter als 10 Jahre ist, sollte auf Aktualität geprüft werden...
Zitation
Zitationsarten werden oft vorgegeben. Zitiert man im Text, kann das den Lesefluss stören oder die Klammern mit Namen von Autoren können Überhand nehmen, so dass bei wirklich angemessener Zitation (jede Aussage muss belegt sein!) eine Angabe derselben Quelle die Sätze unnötig verlängert. Ob eine Zitation mit Fußnoten eine Alternative ist, liegt wohl an den Vorgaben und dem Gusto des Gutachters.
Kleine hochgestellte Ziffern nehmen weniger Raum im Text ein. Sie können aber am Ende der Seite Platz beanspruchen, der vielleicht (wenn es nach Seitenzahl geht und nicht nach Anzahl der Wörter), später fehlt. Allerdings geben Fußnoten eine gute Möglichkeit ab, um Anmerkungen Raum zu geben (aber generell bitte niemals in "Ich-Form" schreiben. "Der Autor" / "Die Autorin" ist die richtige Ausdrucksweise).
Der Unterschied zwischen direktem und indirektem Zitat sollte zudem jedem Autor einer Abschlussarbeit geläufig sein. Auch hier ist eine ausgewogene Mischung angebracht. Wichtig: Direkte Zitate stehen in Anführungsstrichen und müssen mit der genauen Seitenzahl der Quelle aufgeführt werden. Ein indirektes Zitat ist ebenfalls entsprechend zu kennzeichnen (z.B. mit "vgl.") - die Herausforderung ist übrigens, Länge und Nachvollziehbarkeit zu beachten. Das reine Aneinanderreihen von indirekten Zitaten ist keine eigene Leistung in einer wissenschaftlichen Arbeit. Vorallem nicht im Diskussions- oder Reflexionsteil.
Die Kunst ist es, Zitate zu nutzen, um eigene Erfahrungen, Standpunkte und Auffassungen zu untermauern - mit sinnvollen Absätzen und Kennzeichnungen, sodass nicht der Eindruck vermittelt wird, das indirekte Zitat ist eine eigene Leistung.
Wobei wir beim Thema Formatierung sind...
Formatierungen & Gliederung
Es gibt eigentlich immer Vorgaben. An die sollte man sich auch tunlichst halten. Das logische und angebrachte Einfügen von Abbildungen, Tabellen und Absätzen an entscheidenden Stellen obliegt zwar rein dem Autor, aber hier gilt es, ein angemessenes Verhältnis zu berücksichtigen. Beim Lesen des Textes eine Tabelle oder Abbildung erst mehrere Seiten später finden zu müssen, kann als Gutachter lästig sein und zusammenhangslos wirken. Zumal eine Tabelle und Abbildung auch beschrieben werden sollte. Außerdem sollte gekennzeichnet sein, ob es eine übernommene (Achtung Urheberrecht!) oder eigens erstellte Tabelle, Abbildung oder Grafik ist (selbst erstellt mit dem Zusatz "in Anlehnung an" ist die sichere Variante!).
Seitenlange Texte ohne Unterkapitel und Absätze können die Aufmerksamkeit übrigens über Gebühr beanspruchen und dem Beschreibungsgegenstand die Wirkung nehmen. Fehlt nachher Platz, kann man den Anhang nutzen, um wichtiges ergänzendes oder erklärendes Material verfügbar zu machen.
Und immer dran denken: Ein "roter Faden" sollte in jeder Arbeit erkennbar sein! Das heißt auch, dass eine Hauptüberschrift nicht gleich von Unterüberschriften "verfolgt" werden sollte. Zusammenfassungen, Überleitungen und Ausblicke vor und nach den jeweiligen Unterkapiteln wirken durchdacht und nicht nur der Ziffern wegen übersichtlich. Immer wieder trifft man auf Arbeiten, die wirken, als wären die einzelnen Kapitel nicht nur selektiv verfasst, sondern auch einfach zusammenkopiert oder -gefügt worden. Copy & Paste ist eben nicht das Mittel der Wahl, um den logischen Aufbau und die Struktur (oft ein Beurteilungskriterium!) einer Abschlussarbeit zu gewährleisten.
Achtung
Sicher, es gibt Gutachter, die kann man mit wissenschaftlichen Fakten und statistischen Kenntnissen beeindrucken. Doch heißt wissenschaftliches Arbeiten auch, die Herleitung einer Fragestellung oder Hypothese textlich angemessen einzubinden und somit zu zeigen, dass das Erstellen einer Arbeit eben eine Leistung ist, die über Berechnungen und Deutungen hinaus geht. Und ein Gesamtkonstrukt ist - und nicht nur eine Anhäufung von Gedankengut zu einem Thema. Ach ja: Bitte die Fragestellung, bzw. Hypothesen abschließend wieder aufgreifen - hier schießt sich nämlich der methodische (praktische) Teil (D)einer Arbeit :-)
Übrigens: Es kann sein, dass Du für das Überschreiten oder Unterschreiten der vorgegebenen Seitenzahlen (oder Wörter) Deiner Abschlussarbeiten einen "Malus" bekommst. Das heißt, Gutachter können berechtigt sein, Dir dafür Abzüge zu geben.
Kritisches Fazit
Die Fähigkeit zur kritischen Analyse sollte in jeder Arbeit ersichtlich werden. Oft ist sogar vorgesehen, dass in den Schlussteil kritische Aspekte und ein Fazit mit Ausblick gehören.
Diese geben auch die Möglichkeit, die eigene Methodik kritisch zu beleuchten. Gerade in Abschlussarbeiten eines ersten akademischen Grades ist es wohl eher eine Stärke als eine Schwäche, retrospektiv zu erkennen, was es gebraucht hätte, um Ergebnisse noch optimaler zu gestalten. Das ist auch für Interessenten an Deiner Arbeit hilfreich.
Buchtipps
Theisen, M.R.: Wissenschaftliches Arbeiten (WiSt Taschenbücher, Wahlen Verlag). Es gibt inzwischen die 15. Auflage. Es ist nicht nur für Bachelorarbeiten hilfreich, sondern auch für weiterführende wissenschaftliche Arbeiten.
Speziell für Medizinalfachberufe:
Ritschl, V.: Wissenschaftliches Arbeiten und Schreiben. Springer Verlag.
Viel Erfolg bei Deiner Abschlussarbeit :-)